Wie funktioniert die konventionelle Hühnerzucht?
Es ist wichtig zu wissen, dass es heute zwei züchterische Richtungen, sogenannte Linien, von Hühnern gibt: die Legehenne und das Masthuhn. Mit dem ursprünglichen Haushuhn haben sie wenig gemeinsam. Die Legehenne ist weiblich und legt Eier. Das Masthuhn setzt Fleisch an und ist männlich oder weiblich.
Die Zuchtkonzerne besitzen eine Vielzahl von Hühnerrassen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Sie sind die Grundlage, für die optimierte Züchtung. Diese optimierten Hühner werden durch spezielle Kreuzungen erreicht, die in aufwändigen Zuchtprozessen miteinander verpaart werden.
Für die Fleischindustrie werden sogenannte Masthybriden gezüchtet. Das Zuchtziel für Masthybriden ist ein hoher Fleischansatz bei möglichst geringem Futtereinsatz. Die Spezialisierung auf Wachstumsrate und Legeleistung verhält sich leider gegenläufig: Je mehr Fleischansatz ein Huhn hat, desto weniger Eier legt es.
Für Legehybriden kommen die Tiere zum Einsatz, die eine gute Legeleistung nachweisen können: Das sind etwa 320 Eier im Jahr. Die alten Rassen legen nur etwa die Hälfte.
Regional gibt es bisher keine Züchter, die sich mit den großen Zuchtkonzernen messen können.
Wie wird dieses Zuchtziel erreicht?
Das Ziel des Zuchtprozesses wird durch das Anpaaren von Tieren mit Erbanlagen erreicht, die sich in den Folgegenerationen verstärken. Hierbei machen sich die Konzerne den Heterosiseffekt zunutze. Dieser bewirkt bei den Nachkommen, dass sich einzelne Merkmale deutlich stärker ausprägen, als es bei den Eltern der Fall war. In allen Stufen der Zucht werden Leistungsprüfungen vorgenommen, um den Zuchterfolg zu ermitteln.
Ausgewählte Hühnerrassen, deren Merkmale sich deutlich unterscheiden, sind der genetische Ursprung. So werden verschiedene Rassen mit verschiedenen Merkmalsausprägungen miteinander kombiniert, bis am Ende ein Huhn entsteht, bei dem alle gewünschten Eigenschaften in möglichst hohem Maße zu finden sind.
Diese erste Generation, die sogenannte Urgroßelterngeneration, wird von den Konzernen in Reinzucht gehalten. Um den Vermehrungsprozess maximal zu kontrollieren wird künstlich besamt.
Im zweiten Schritt der Züchtung werden die Tiere aus jeweils zwei Hühnergruppen gekreuzt, um so eine günstige Kombination von Eigenschaften zu erreichen. Hier macht sich zum ersten Mal der Heterosiseffekt bemerkbar. Man spricht von der Großelterngeneration.
Die folgende Elterngeneration wird in großen Mengen vermehrt, um möglichst viele Mast- oder Legehennen zu erhalten. Dies geschieht in sogenannten Vermehrerbetrieben. Die Küken, die dort entstehen, sind für die Mast- oder Legehennenbetriebe bestimmt. Diese Produktionstiere sind sogenannte ABCD-Hühner mit Hochleistungsgenen.
Die Krux der Hybriden
Diese vierte Generation wird als Hybridhuhn bezeichnet und ist nicht für die Weiterzucht geeignet. Es könnten zwar neue Küken entstehen, diese verfügen aber nicht mehr über das planbar hohe Leistungsniveau. Es vererben sich alle, auch unerwünschte, Merkmalsausprägungen. So würden beispielsweise einige Küken mit geringem, viele mit mittlerem und nur wenige mit hohem Fleischansatz schlüpfen. So ist für die Landwirte eine eigene Weiterzucht unsinnig. So entsteht eine Abhängigkeit von den Zuchtkonzernen.
Diese zwei Zuchtlinien, Lege- und Masthybriden, haben einen völlig unterschiedlichen Nutzen. Das zieht insbesondere für die Legehennen-Linien fatale Folgen nach sich. Es bedeutet, dass 50 Prozent der Küken männlich sind und nicht mit den Masthybriden konkurrieren können. Sie sind durch ihren geringen Fleischansatz so unwirtschaftlich, dass sie nach dem Schlupf getötet werden.
Die industrielle Hühnerproduktion ist heutzutage wirtschaftlich hochoptimiert.
Aufgrund dieser Kostenminimierung sind kleine landwirtschaftliche Systeme nicht mehr konkurrenzfähig. Je größer die Strukturen sind, desto günstiger können die Tiere produziert werden.
Hinter diesen Leistungszüchtungen stehen wenige große Konzerne: eine straff organisierte Produktionskette aus Vermehrungsbetrieben, Brütereien sowie Mästern, Legehennenhaltern und Schlachtbetrieben.
Die Rechte auf Züchtungen gehören nicht den Landwirten!
Die Zahl der Konzerne, die mit Hühner-Genen handeln, beschränkt sich auf vier bedeutende Zuchtgiganten. Sie handeln weltweit. Die eingesetzten Rassen, deren Eigenschaften und Kombinationswege sind das Kapital der Konzerne, die ihre Vormachtstellung so immer weiter ausbauen. Die Rechte auf diesen Züchtungen liegen in ihren Händen und sind streng geheim. Landwirtschaftliche Betriebe geraten so in eine große Abhängigkeit. Diese Kreuzungen werden in sämtliche Winkel der Erde geliefert und zählen zu den 50 häufigsten Luftfrachtgütern. Diese Elterntiere zeugen dann hocheffiziente Eier- und Fleischlieferanten.
Monopol mit weitreichenden Folgen
Diese Konzerne verfügen über ein breites Portfolio an Geschäftsfeldern rund um die Fleischerzeugung und -verarbeitung. Dazu gehören die Zucht, Brütereien, Vermehrerbetriebe, Schlachtstätten, Futtermittelverkauf, der Stallbau und die Stallfinanzierung sowie die Arzneimittelherstellung und die Medikamentenversorgung. Der Trend geht dahin, dass die Konzerne alles aus einer Hand anbieten. Die Abhängigkeit der Landwirte zieht sich über alle Bereiche ihrer Tätigkeit.
Bei den vier Konzernen handelt es sich um die Erich-Wesjohann-Gruppe zu der u.a. Wiesenhof gehören, Grimaud, der amerikanische Fleischgigant Tyson und der weltweit größte Legehennenzüchter Hendrix Genetics.